Ein ganzes Haus mit reiner Leinölfarbe streichen? In Schweden gar nicht ungewöhnlich. Wer eine klassische, farbig gestaltete Holzfassade hat, aber aus dem Kreislauf des Alle-paar-Jahre-neu-Streichens ausbrechen möchte, der landet früher oder später (wieder) bei dieser altbewährten Art des Anstriches. Denn in Skandinavien, dem Land der Holzbautradition, ist auch funktioneller Holzschutz eine Sache der jahrhundertealten Erfahrung. Was eine junge Familie aus dem Nürnberger Raum dazu bewog, bei ihrem erst fünf Jahre alten Ökohaus das bestehende Farbsystem auf die Leinölkonservierung umzustellen, und welche Erfahrungen sie im ersten Abschnitt dieses Großprojektes gemacht haben, schildern sie selbst in Bild und Text hier:
Unser Mammut-Projekt 2020/21 – Fassadestreichen unseres Wohnhauses
Als wir 2014 unser Öko-Haus im Süden von Nürnberg gebaut haben, hatten wir viel Wert auf Baubiologie gelegt. Bei der Farbwahl der Fichtenverschalung sind wir damals dem Vorschlag des Bauträgers gefolgt, ohne diesen genauer zu hinterfragen. 2019 haben wir mit Entsetzen dann festgestellt, dass die konventionelle Industrielasur abblättert und Pilzbefall sichtbar wird. Und nun?
Mit einfach Überstreichen wird’s wohl nichts mehr. Abschleifen ist angesagt. Die-Boden-Leisten-Schalung ist zwar schön, macht jetzt für die Sanierung aber einen erheblichen Mehraufwand. Doch welche Farbe kommt dann drauf? Chemie definitiv nicht mehr. Übers Internet sind wir dann auf Leinöl gestoßen. Und auch auf Hellas tollen Laden, den Leinfarbenhof.
Für die Giebelseiten mit bis zu 8 m Höhe brauchen wir dann auch ein Gerüst. Das konnten wir uns glücklicherweise in der Verwandtschaft ausleihen und Freunde halfen beim Aufstellen.
Die Wahl des richtigen Farbtons hat uns sehr lange beschäftigt. Wir haben ein paar Probeflächen gestrichen und Hella hat uns bestens aus der Ferne beraten. Entweder zu leuchtend oder zu fad. Als das Gerüst stand, mussten wir uns dann doch mal entscheiden :-)! Am Schluss wurd’s Salbeigrün… und vorneweg: wir sind voll happy damit.
Jetzt ging‘s richtig los. Mit Dreieck- und Tellerschleifer erst grob, dann fein. Schleifen.. schleifen…schleifen...!
Und es gab auch leider mal Regentage, an denen man trotzdem vorankommen wollte. Also mal ein paar Folien rauskramen und weiter ging’s… nicht besonders schön, aber effektiv :-)!
Den belasteten Staub im Garten zu verteilen, fanden wir nicht toll… aber es fehlte in unserem Fall an Alternativen.
Im Anschluss haben wir die Fassade mit Druckluft vom letzten Staub freigemacht.
Nach dem Schleifen geht’s endlich mit rohem Leinöl los. Das ausgetrocknete Holz freut sich sehr über die Pflege und saugt das Öl im Nu auf. So mancher Passant denkt, das sei schon die finale Farbe.
Nun kommt endlich Farbe ins Spiel. Weiß für das Vordach, die Eckfaschen, die Fensterlaibungen und die Geschosstrennung.
Die Zweifarbigkeit bringt zwar einen schönen Pepp in die Fassade, macht aber auch ganz schön Arbeit.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass es drei Farbanstriche sein sollen. Bei den Dachunterseiten haben wir uns aber nur für zwei entschieden.
Auch bei Extrem-Sommertagen über 33°C auf der Südseite macht das Arbeiten mit Leinöl Freude.
Kein Ausdampfen, keine Kopfschmerzen, nur guter Duft. Nur ist das Leinöl bei dieser Hitze schon sehr dünnflüssig. Aber wenn man nur in der Freizeit streicht, darf man eben nicht wählerisch sein :-)!
Und das tolle: auch unsere Tochter kann hier mithelfen. Sie ist mit voller Begeisterung dabei und macht das auch sehr akribisch!
Und dann holt uns der Herbst und die Winterpause doch schnell ein. Zu unbeständig, zu feucht für Leinölfarbe. Und irgendwann ist auch etwas die Luft raus mit streichen, streichen, streichen…
In den letzten beiden Bildern der Vergleich vom Herbst 2019 (erste Schleif- und Ölarbeiten zum Testen)...
... und Herbst 2020 in leuchtendem Salbeigrün.
Wir freuen uns auf die Fortsetzung im Frühjahr!